Kirche St. Johannis Harvestehude, Hamburg – Konfirmationen

Konfirmationen

Predigt zu den Konfirmationen am 5. & 6. Juli
Pastorin

Dr. Claudia Tietz

Samstag 5. Juli & Sonntag, 6. Juli 2025

Predigt zu "Drachenzähmen leicht gemacht" und Matthäus 14, 22–33

Gnade sei mit euch und Friede von Gott!

Liebe Konfis, liebe Familien, liebe Festgemeinde!

Wir haben im Konfirmandenunterricht im letzten Jahr seit September über vieles gesprochen: über Gott und Mobbing, über Engel, Tod und Hoffnung … Auf unterschiedliche Weise ging es immer wieder darum, was es für euch bedeuten kann zu glauben.

Aber über eins haben wir zu wenig gesprochen: über Filme! Dabei gibt es so viele Filme, die auf mehr oder weniger verborgene Weise vom Glauben erzählen.

Als ich letzte Woche die Neuverfilmung von „Drachenzähmen leicht gemacht“ gesehen habe, musste ich intensiv an euch denken.

Zum Beispiel bei dem jungen Schmiedelehrling und Drachenzähmer Hicks, der mit seinem alleinerziehenden Vater zusammenlebt, dem Wikinger-Häuptling Haudrauf. Der Sohn Hicks soll – er könnte es sogar wirklich! – den Drachen töten, der seinen Stamm bedroht. Er soll, er könnte in die Fußstapfen seines Vaters treten und ein gefürchteter Drachentöter werden – aber er entscheidet sich anders.

Er entscheidet sich dafür, den verletzten Drachen zu verschonen, ihn zu pflegen, zu zähmen, auf ihm reiten zu lernen und sich mit ihm anzufreunden. Statt ein Drachentöter wird Hicks ein Drachenfreund – und ein Menschenfreund. Am Ende hilft und rettet er auch seinen Vater, obwohl der seinen Sohn für seinen anderen Weg verachtet hat.

Ich habe an euch gedacht, weil ihr in einem ähnlichen Alter wie Hicks eure Konfirmation feiert, eins der rites de passage, der Übergangsriten. Wie die Taufe am Anfang des Lebens oder später die Hochzeit, markiert die Konfirmation den Übergang in einen neuen Lebensabschnitt: den Beginn eures Erwachsenenlebens. Ein Ritual und ein Fest heute, das euch, euren Eltern und eurer Umgebung signalisiert: Jetzt beginnt etwas Neues! Eure Kindheit ist vorbei. Ihr seid Jugendliche auf dem Weg zum Erwachsensein.

Und neben der Freiheit, über die eigene Religion zu entscheiden – die Religionsmündigkeit mit 14 Jahren – gehört dazu die Freiheit, und auch die Aufgabe, eigene Werte, eine eigene Lebenshaltung zu finden.

Im Fall von Hicks die Frage: Will ich einen verletzten Drachen töten, wie es die Erwachsenen im Dorf fordern, oder nicht? Wo gehorche ich, wo schließe ich mich Mehrheitsmeinungen in der Familie oder in der Klasse an, und wo nicht? Was finde ich okay – und was ärgert mich oder widerstrebt mir so richtig?

Und mit wem möchte ich jetzt in dieser Phase befreundet sein? Was ist mir wichtig? Kann ich die große Klappe von meinem Freund akzeptieren, weil ich weiß, dass dahinter ein ebenso großes Herz sitzt? Kann ich akzeptieren, dass meine Freundin andere runtermacht oder ausgrenzt, weil sie schon so lange meine Freundin ist – oder lehne ich das ab und traue mich auch, ihr das zu sagen?

Im guten Fall gehören Abgrenzung und Auseinandersetzungen zum Erwachsenwerden dazu. Weil sie uns helfen, herauszufinden und zu fühlen, wer ich bin oder sein möchte.

Der Drachenzähmer Hicks geht dafür einen mutigen Weg: Er riskiert Streit mit seinem Vater, Trennung von Freunden, Einsamkeit und Unverständnis. Er folgt seiner Überzeugung, dass Heilen, Zähmen, Verstehen besser ist als Draufhauen, Verfolgen und Töten.

So ist es auch Jesus ergangen, der zwar manche Freundinnen und Freunde gefunden hat, aber auch viele Gegnerinnen und Feinde. Für Gerechtigkeit, für Gewaltfreiheit, für Nächstenliebe einzutreten – ob für Menschen oder für Drachen – das bringt immer Gegner auf den Plan, die ihre Vorteile und ihre Macht sichern wollen. Es braucht deshalb Mut, es braucht Glaube, Liebe und Hoffnung, wenn man wie Jesus einen unbequemen Weg einschlägt und versucht, im Leben aufrecht zu bleiben. Wenn man versucht, in Jesu Sinne die Liebe zu den anderen, zu Gott und auch zu sich selbst über alles andere stellen.

Zu diesem Weg und zu dieser Botschaft von Jesus bekennt ihr euch heute. Zu den drei Grundpfeilern des Christentums: Glaube, Liebe und Hoffnung.

Der Drachenfilm heißt im englischen Original: „How To Train Your Dragon“. Die Aussage ist ein bisschen anders als der deutsche Titel „Drachenzähmen leicht gemacht“. „Trainieren“ klingt sportlicher, wirkt machbarer und alltagsnäher. Es klingt auch ein bisschen zweideutig, wenn von „Your Dragon“, von „deinem Drachen“ die Rede ist. Als ginge es nicht allgemein um den Umgang mit gefährlichen Wesen, sondern um deinen persönlichen Drachen. Um die Dämonen oder bösen Mächte, die dich oder uns konkret bedrohen, die wir kennen.

Dazu – zu den bedrohlichen Dämonen – fällt uns allen im Moment wahrscheinlich viel ein: der Krieg in Israel, in Gaza und im Iran, zuletzt die Angriffe auf Kiew, der Klimawandel, der an vielen Orten erstarkende Rechtsextremismus, die Chancen und Risiken von KI … So vieles, was uns Angst machen kann im Blick auf die Zukunft. Was wir zum Teil gar nicht verstehen und worauf wir oft keinen Einfluss nehmen können.

Es ist gut, um die Gefahren zu wissen und sich zu informieren – nicht wegzuhören oder zu leugnen, wie komplex und furchteinflößend viele Entwicklungen sind. Aber es ist auch wichtig, sich nicht von der Angst gefangen nehmen zu lassen. Den Dämon der Angst nicht die Macht in uns übernehmen zu lassen – sondern ihn zu zähmen oder auf Normalmaß zu schrumpfen.

„How To Train Your Dragon“ – das verweist für mich auch auf die innere, individuelle Seite der bösen Mächte. Ob Angst oder Resignation, Neid, Egoismus, Hass- oder Gewaltphantasien – es gibt unterschiedliche Dämonen und Drachen in uns. Wie gehen wir damit um? Wie begegnen wir den eigenen Abgründen, negativen Gefühlen oder zerstörerischen Impulsen, vielleicht sogar Schuld, in die wir uns verstrickt haben?

Auch darum geht es im Glauben: innerlich Kurs zu halten oder wieder neu richtigen Kurs zu nehmen – gleich, wie die Umwelt, die Gesellschaft tickt, in die wir geboren wurden.

Von Jesus wird erzählt, wie er sich zu Beginn seines Wirkens seinen Dämonen gestellt hat. Er ging in die Wüste, 40 Tage lang und fastete. Und musste kämpfen mit den Verlockungen von Essen und Genuss, mit der Versuchung von Macht und Ansehen und schließlich mit der Versuchung der Selbstüberschätzung. Dreimal probierten die Dämonen, Jesus in ihre Gewalt zu bringen. – Markante Beispiele für die Versuchungen, die auch uns so oder ähnlich im Leben begegnen, mit denen wir uns auseinandersetzen und ringen müssen.

Eine große Macht in unserer Zeit ist – neben den Verführungen des Konsums und des „Me first“ – sicher die Macht der Angst. Das haben viele von euch auch in den Texten zu euren Konfirmationssprüchen zum Ausdruck gebracht. Wenn einer zum Beispiel schreibt: „Mein Spruch erinnert mich daran, dass ich nicht allein durchs Leben gehen muss.“ Oder eine andere: „Mein Spruch sagt mir, dass ich mir keine Sorgen machen muss, dass ich alleine bin und einen Platz in der Welt habe. Er sagt mir, dass ich wichtig bin und sich jemand um mich sorgt und kümmert.“

In meinen Worten: Eure Suche oder eure Überzeugung, im Glauben Halt, Trost und Kraft zu finden gegen das, was einen verführen oder verunsichern, was einem den Boden unter den Füßen wegziehen kann. Der Glaube wie ein Gegengift gegen die Erfahrungen und Empfindungen, die uns panisch, uns innerlich krank machen können.

So wie eine Konfirmandin schreibt: „Ich möchte jetzt sowie in der Zukunft nicht aus Angst handeln und vor allem nicht in Angst leben. Durch Angst macht man nämlich oft falsche Entscheidungen.“

Von dem Dämon der Angst erzählt auch die Wundergeschichte aus dem Matthäus-Evangelium, die Moritz und Julia bzw. Rebecca und Olivia eben vorgelesen haben, die ihr im Konfirmandenunterricht im Gemeindesaal auch einmal nachgespielt habt. Wie Jesus nachts über das Wasser zu den ängstlichen Jüngern im Boot kommt. Wie er Petrus, der unterzugehen droht, bei der Hand nimmt. Jesu Hand, die Petrus aufrichtet und ihn spüren lässt: Du bist nicht allein. Vertrauen, Nähe und Verbundenheit tragen dich.

Und so würde ich euch heute am liebsten eigentlich eine kleine Hand an einer Silberkette schenken. Damit ihr immer wisst, dass ihr nicht allein, sondern gehalten seid. Unsichtbar begleitet in euren Entscheidungen und auf euren Wegen. Und dass ihr auch selbst andere halten, dass ihr geben und vergeben könnt. Als junge Frauen und Männer, die aus dem Glauben, der Liebe und der Hoffnung leben mögen.

Gott schütze euch und bewahre eure Herzen und Sinne ich Christus Jesus. Amen.