Kirchenbau – Innenraum

Die evangelisch-lutherische Kirche St. Johannis wurde 1880 bis 1882 im Stil der Neugotik erbaut. Sie ist in Architektur und künstlerischer Ausstattung weitgehend original erhalten. Auch im Zweiten Weltkrieg blieb sie vor Zerstörungen weitgehend bewahrt. Die Kirche mit dem 80 Meter hohen Turm zählt deshalb zu den eindrucksvollsten Hamburger Denkmälern des späten 19. Jahrhunderts und nimmt auch über die Stadt hinaus in der Geschlossenheit der Konzeption unter den neugotischen Gotteshäusern eine besondere Stellung ein.

Die Baumeister des 19. Jahrhunderts griffen Formen der Gotik wieder auf. Von 1861 bis 1891 war die Neugotik in Deutschland der bevorzugte Kirchenbaustil.

Der erste Kirchenvorstand wählte aus sieben Vorschlägen den Entwurf des Architekten Wilhelm Hauers zur Realisierung aus. Der Architekt entwarf die Kirche im Geiste des „Eisenacher Regulativs“, einer Art Vorschriftenkatalog zur Gestaltung von protestantischen Kirchen. Als besondere Merkmale sahen die Verfasser die Ausrichtung des Kirchengebäudes nach Osten sowie bei ausreichender Größe einen kreuzförmigen Grundriss mit ausgeprägtem Langhaus.

Kirche St. Johannis Harvestehude, Hamburg
Kirche St. Johannis Harvestehude, Hamburg
Kirche St. Johannis Harvestehude, Hamburg
Kirche St. Johannis Harvestehude, Hamburg
Kirche St. Johannis Harvestehude, Hamburg
Kirche St. Johannis Harvestehude, Hamburg

Hochaltar

Der vergoldete Hochaltar entstand im Jahre 1882. Der Bildhauer Fritz Neuber (1837–1889) schuf auch Bildwerke in den Hamburger Hauptkirchen St. Nikolai und St. Petri.

Bei dem Hochaltar handelt es sich um ein aus Eichenholz gearbeitetes, vollständig vergoldetes Schnitzwerk mit einem Altartisch aus Sandstein. Er ist in drei Geschosse unterteilt. Das Untergeschoss zeigt das Heilige Abendmahl, das detailgenau nach dem bekannten Wandgemälde von Leonardo da Vinci (Refectorium Santa Maria delle Grazie, Mailand 1495–1497) entstanden ist. Im Mittelgeschoss darüber ist die Kreuzigungsszene und im krönenden Giebel die Auferstehung Christi dargestellt.

Taufstein

Der Bildhauer Engelbert Peiffer hat den Taufstein 1892 aus schwedischem Marmor gearbeitet. Er ersetzte einen ersten, schlichten Taufstein aus Sandstein. Umlaufend ist zu lesen: „Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht.“ (Markus 10,14)

Der Taufstein stand ursprünglich im Altarraum genau in der Mittelachse – der Täufling sollte von der ganzen Gemeinde aufgenommen werden. Heute wird eher im kleinen Kreis getauft. Und weil der Taufstein bei Konzerten störte, wurde er umgesetzt. Seit 1998 steht er in der Vierung vorne links, der Kanzel gegenüber.

Stifter und Stiftertext (Schriftring auf der Basis): Dem Andenken des Kirchenvorstehers Ludwig Böhl gewidmet, von seiner Gattin, 1892

Kirchenfenster

Die Fenster fertigte um 1882 die Tiroler Glasmalerei Anstalt in Innsbruck. Die Entwürfe stammen aus dem Kreis des Nazareners Julius Schnorr von Carolsfeld. Sie stehen im Einklang mit den romantischen und pietistischen Idealen jener Zeit. Die klar konturierte Form erschien wichtiger als die Farbe, das Zeichnerische hatte Vorrang vor dem Malerischen.

Die beiden großen Fenster im Zentralraum stellen die Weihnachtsgeschichte und die Ausgießung des Heiligen Geistes zu Pfingsten dar. Es fällt auf, dass Maria, Josef und die Apostel Heiligenscheine tragen. Dies ist für eine protestantische Kirche unüblich und wahrscheinlich durch den katholischen Ort der Herstellung zu erklären.

Im Chor werden Stationen aus Leben und Wirken Christi dargestellt. Von links: die Taufe Jesu durch Johannes den Täufer; Christus im Garten Gethsemane; der Weltenherrscher Christus; die Auferweckung des Lazarus; Jesu Gespräch mit der Samariterin am Brunnen.

Im hinteren Kirchenschiff stehen sich jeweils zwei Motive aus dem Alten und dem Neuen Testament gegenüber: im hinteren Fensterpaar das „verlorene Paradies“ und das „zukünftige Paradies“; in der Mitte „Abrahams Opfer“ und die „Taufe des Römers Kornelius“ als zwei Glaubensthemen; im vorderen Fensterpaar „Mose und Aaron“ und die „Bekehrung des Paulus“ als Gegenüberstellung von Gottes Gesetz und Jesu Gebot.

Medaillons

Die Pfeiler des Zentralraums sind mit sieben Medaillons geschmückt, den Platz des achten verdeckt die Kanzel. Ihre Reliefs zeigen biblische Szenen. Sie wurden von den Bildhauern Neuber und Denoth geschaffen.

Die beiden lebendigsten Szenen sind jene von Aloys Denoth; sie stehen sich am Übergang vom Kirchenschiff zum Zentralraum gegenüber.

Das linke Medaillon zeigt die Rückkehr des jungen Tobias nach langer Reise in sein Vaterhaus. Er wird vom Engel Raphael und von seinem Hündchen begleitet und springt fröhlich die Treppen herauf. Sein Vater, gestützt von der Mutter, klagt sein Leid, er ist blind geworden; Raphael tröstet ihn: „Habe Geduld, Gott wird dir bald helfen.“

Gegenüber wird die Wiedererweckung der Tabea durch Petrus dargestellt. Sie hatte vor ihrem Tod Kleider für die Armen genäht; die Frauen rechts zeigen Petrus die Gewänder. Zwei Arme sitzen auf der Treppe. Petrus zitiert die Bergpredigt: „Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.“