Kirche St. Johannis Harvestehude, Hamburg
Kirche St. Johannis Harvestehude, Hamburg – Frieder Blickle
Kirche St. Johannis Harvestehude, Hamburg
Kirche St. Johannis Harvestehude, Hamburg
Kirche St. Johannis Harvestehude, Hamburg
Kirche St. Johannis Harvestehude, Hamburg
Kirche St. Johannis Harvestehude, Hamburg – Frieder Blickle
Kirche St. Johannis Harvestehude, Hamburg
Kirche St. Johannis Harvestehude, Hamburg
Kirche St. Johannis Harvestehude, Hamburg

Orgel

Die Orgel ist ein Instrument, das klangtechnisch eine Vielzahl anderer Instrumente wie Trompeten, Flöten etc. in sich vereint. Dadurch hat sie die Möglichkeit, die „himmlischen Chöre“ und die „Posaune des Jüngsten Gerichts“ zum Klingen zu bringen. Die Orgel kann jubeln, seufzen, klagen – je nach Können und Fantasie der Spielenden.

Aus der Zeit der Erbauung der Kirche St. Johannis stammt der Grundstock der Orgel. 1882 errichtete die Firma Marcussen & Søn (Abenrå, Dänemark) ein zweimanualiges Werk mit 27 klingenden Stimmen. Die Orgel erfuhr mehrere Umbauten und wurde ständig erweitert. 2013 verstummte sie zuletzt, da die Firma Mühleisen hinter dem historischen Prospekt eine neue Orgel mit drei Manualen und 53 Registern errichtete. Diese wurde am 22. März 2015 eingeweiht.

Geschichte

Die Orgel St. Johannis-Harvestehude hat eine bewegte Geschichte hinter sich. So sehr bei der Einweihung das große handwerkliche Geschick des Erbauers und der schöne Klang der Orgel gelobt wurden, so sehr wurde auch die zu geringe Anzahl an Registern kritisiert. Mehrfach wurde sie daher erweitert und dabei auch dem jeweiligen Zeitgeist entsprechend angepasst.

Denn das ursprüngliche romantische Konzept kam im 20. Jahrhundert aus der Mode und musste in zahlreichen Umintonierungen einem neobarocken Klangideal weichen. Pfeifen wurden abgesägt, der Winddruck verändert, ganze Pfeifengruppen ausgetauscht, um einen helleren, schärferen Klang zu erzielen. Die meisten Pfeifen waren also nicht mehr in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten. Zur letzten Veränderung kam es 1974, als die mechanische Traktur durch eine elektrische ersetzt wurde. Den so gewonnenen Raum nutzte der Orgelbauer Peter für den Einbau eines dritten Manuals. Zudem baute er einen neuen Spieltisch mit einigen Spielhilfen, der nun frei vor der Orgel steht.

Vor dem Neubau

Bis 2013 musste man feststellen, dass die Veränderungen die Qualität des Instrumentes und des Klanges deutlich verschlechtert hatten. Die später hinzugekommenen Pfeifen erreichen nicht annähernd die Meisterschaft jener der Firma Marcussen.

Auch die gesamte Technik innerhalb der Orgel zeigte nun Verschleißerscheinungen, die einen erneuten Eingriff unabwendbar machten. Immer wieder fielen Teile der Orgel aus, marodes Material führte zu Heulern, hängenden Tönen und Ausfällen der Elektrik, die ein hohes Brandrisiko birgt. Die Prüfung durch den Sachverständigen der Landeskirche ergab, dass eine grundlegende Sanierung die einzige Möglichkeit ist, das Instrument zu retten.

2013 wurde nach einer Ausschreibung der Auftrag für einen restaurativen Neubau an die Firma Mühleisen aus Leonberg (bei Stuttgart) vergeben. Die alte Orgel wurde komplett abgebaut. Die historischen Marcussen-Pfeifen sowie einige Rother-Pfeifen wurden zur Weitervendung eingelagert, der Prospekt restauriert und die nicht mehr benötigten Teile zur Weiterverwendung in anderen Orgeln freigegeben.

Am 22. März 2015 konnten wir schließlich die Einweihung der neuen Mühleisen/Marcussen-Orgel feiern.

Die neue Marcussen/Mühleisen-Orgel

Die neue Orgel verknüpft Tradition und Innovation.
Das Klangbild der 53 Register ist am spätromantischen Klangideal, insbesondere am Klangideal Marcussens angelehnt. Was an originalen Pfeifen noch erhalten war, erklingt weiterhin in der neuen Orgel. Durch ein geschicktes Raumkonzept konnte trotz mechanischer Spiel- und dualer (also mechanischer und elektrischer) Registertraktur die Registerzahl nahezu verdoppelt werden. Röhrenglocken, Koppeln auf allen Werken, Tremulanten (Apparaturen, die die Luft in Schwingung versetzen und den Ton gewissermaßen flattern lassen), ein Windschweller, mit dem man den Winddruck stufenlos regulieren kann und eine Setzeranlage zum Speichern von Registerkombinationen sind bei Orgeln dieser Größenordnung natürlich keine außerordentliche Besonderheit, wenngleich erwähnenswert.

Doch mit dieser Orgel gehen wir einen Schritt weiter. Mit dem innovativen System „Sinua Castellan“ wurde eine zukunftsweisende Schnittstelle eingebaut, die eine Interaktion zwischen Orgel, elektronischen Klangerzeugern und Computerprogrammen erlaubt. Synthesizer vom Spieltisch aus bedienen und mit dem Orgelklang verschmelzen lassen oder Improvisationen direkt am Rechner aufzeichnen und bearbeiten sind nur einige der Möglichkeiten, die dieses System bietet. Damit wollen wir ein Gegengewicht zu dem derzeit vorherrschenden rein restaurativen Gedanken liefern, den man bei so vielen Orgelneubauten, insbesondere hier in Hamburg, erkennen kann. Wir wollen zeigen, dass seriöser Orgelbau, der sich einer Tradition verpflichtet fühlt, nicht unvereinbar ist mit innovativen Konzepten, die neue ungeahnte Möglichkeiten in Spiel und Klang eröffnen.

Denn für uns ist Kirche kein Museum, sondern ein lebendiger, der Gegenwart und Zukunft zugewandter Ort.